Mehr als ein Karton voller Briefe


Jahrgang 6 der IGS Schlitzerland bereitete Bewohnern von vier Seniorenheimen in der Corona-Zeit eine große Freude

Der Artikel des Schlitzer Boten findet sich hier.

Für alle Schülerinnen und Schüler ist aktuell eine Kombination aus Präsenzunterricht und Homeschooling Alltag. Weit entfernt bleibt die Situation von dem, was Schule noch im Januar und Februar ausmachte. Trotzdem zeigen sich Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer engagiert und machen das Beste aus der aktuellen Situation. Eine angemessene und abwechslungsreiche Nutzung der digitalen Medien erscheint wichtiger denn je. Aber auch für das soziale Lernen zeigen sich die Klassen- und Fachlehrkräfte des 6. Jahrgangs verantwortlich. Ihre Aufgabe: Jede Schülerin und jeder Schüler solle einen Brief an einen alten Menschen in einem Altenheim schreiben und gerne dazu etwas malen oder basteln.

Keine Besuche von Angehörigen, keine Spaziergänge durch den Park, abgesagte Café-Nachmittage mit Bekannten: Die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie treffen vor allem ältere Menschen in Pflegeheimen oder Seniorenzentren hart. Mittlerweile greifen erste Lockerungen bei den Besuchsregelungen, aber von einem Alltagsleben wie vor der Corona-Krise sind die meisten Bewohner von Altenheimen weit entfernt. Von dieser Situation haben die Sechstklässler aus den Medien oder der eigenen Familie bereits erfahren. Die Idee, Briefe an die Altenheimbewohner zu schreiben, wurde positiv aufgenommen und von den Schülerinnen und Schülern begeistert umgesetzt.

Die Lehrkräfte Alexander Dörr, Doris Elster, Timo Hasenau, Florian Sroka und Kerstin Schäfer zeigten sich erfreut und erstaunt über Fleiß, Sprachgefühl, Sensibilität und Einfallsreichtum der elf und zwölf Jahre alten Schülerinnen und Schüler. Anschaulich berichteten sie über ihren Alltag, das Vermissen der Treffen mit Freunden und das Leben ohne Schule im gewohnten Sinne. Sie bastelten Lesezeichen, malten Bilder, fotografierten ihr Haustier oder ihren Blick aus dem Fenster und legten die kleinen Aufmerksamkeiten den Briefen bei. Mehrere Schutzengel machten sich per Post auf den Weg zu den Empfängern und sollten Glück und Gesundheit bringen.

Ein Junge schrieb: „Das Virus hat mein Leben verändert und Ihres sicher auch. Damit Sie mal einen anderen Blick als Ihren aus dem Fenster haben, habe ich mal meinen Blick aus dem Fenster fotografiert.“ Sehr einfühlsam erklärten viele Verfasser der Briefe, dass sie Oma und Opa stark vermissen und sich nur per Videotelefon sehen können. Ein anderer Absender schrieb: „Ich vermisse die Schule. Mein Lehrer wird mir das kaum glauben.“ Ein Mädchen schrieb: „Diese Zeit hat meine Familie und mich in einen besseren Kontakt miteinander gebracht und mir gezeigt, dass gemeinsam alles nicht so schlimm ist wie es scheint.“ Diese Aufgabe ist eine ungewöhnliche Aufgabe des Homeschoolings, denn die Schülerinnen und Schüler schickten die Briefe an die Adresse der IGS-Schlitzerland. Die Lehrerinnen und Lehrer sammelten die Briefe und entschieden, dass vier Altenheime davon profitieren sollten. Die insgesamt über 100 Briefe wurden in Schmuckkartons verpackt und mit einem Anschreiben bei folgenden Altenheimen abgegeben:

  • Stiftliches Seniorenzentrum Schlitzerland
  • Kreisaltenheim Niederaula
  • Pflegeheim St. Josef in Bad Salzschlirf
  • Haus Waldeck in Bad Salzschlirf

Frau Andrea Schaefer vom Stiftlichen Seniorenzentrum Schlitzerland meldete zurück: „Unsere Bewohner schauen ja auch jeden Tag Fernsehen oder lesen Zeitung und sie können sehr gut nachvollziehen, dass sie zur Risikogruppe gehören. Es ist nicht einfach für alle, aber sie verstehen das", sagt sie. Im Namen der Bewohner bedankte sie sich herzlich und erzählte eindrucksvoll, wie emotional die Reaktionen der alten Menschen waren: "Wir sind selbst überrascht und überwältigt von der großen Resonanz. Die Kinder erzählen den Älteren, wie sie die Zeit gerade erleben, und dass auch sie ihre Freunde und Großeltern vermissen. Aber sie machen den Bewohnern auch Mut, dass jede schwere Zeit irgendwann zu Ende geht“. Gerne hätte sie sich persönlich bei den Briefeschreibern bedankt und auch einen Besuch der Schülerinnen und Schüler vor Ort ermöglicht. Die aktuelle Besuchsregelung und die Hygienebestimmungen lassen dies leider nicht zu.

Auch aus Niederaula erreicht die IGS Schlitzerland der Dank für die Briefaktion in Form eines Fotos und einer schriftlichen Rückmeldung. Herr Heiko Bulli als Zuständiger für Qualitätssicherung zeigt sich erfreut über die bunten und sensiblen Briefe der Kinder: „Wie schön, dass im Fall der alten Menschen generations- und kreisgrenzen-übergreifend gedacht wird“, äußerte er in einem Telefonat. Viele der Senioren verbringen nun Zeit auf den Balkonen oder drehen Runden auf den Etagen des Hauses, um in Bewegung zu bleiben. Die Pflegekräfte tun ihr Bestes, um die Bewohner so gut wie möglich durch die Krise zu bringen. "Wir bekommen auch viele positive Rückmeldungen von Angehörigen, die sich bei uns bedanken. Das motiviert uns“, so Herr Bulli.

Auch an das „Haus Waldeck“ in Bad Salzschlirf gingen Briefe. Diese wurden begeistert entgegengenommen. Da die Briefkartons erst letzte Woche abgegeben wurden, werden die Rückmeldungen der Bewohner mit Spannung erwartet und später auf der Homepage der IGS-Schlitzerland veröffentlicht.

Für die Senioren des Altenheims St. Josef in Bad Salzschlirf waren die Briefe „der Hit“, meldete Annette Keller aus der Verwaltung zurück. Ihren Dank und ihre Freude über die unerwartete Post brachten die Bewohner in einem Brief an den 6. Jahrgang der IGS Schlitzerland zum Ausdruck, den jeder einzelne Briefempfänger mit Namen und Fingerabdruck unterzeichnete. Zwei Senioren war es ein Anliegen, sich direkt bei den Verfassern zu bedanken, indem sie persönliche Antwortbriefe schrieben. Diese Briefe zauberten wiederum ein Lächeln auf die Gesichter der beiden Schüler, die sich sichtlich über die Rückmeldung freuten, die ihnen von ihrem Klassenlehrer am ersten Präsenztag überreicht wurde.

In diesem Sinne kann man festhalten: Wer Freude schenkt, bringt Licht in einsame Herzen und bekommt dieses im Umkehrschluss zurück. Dies sollten wir uns auch für die Zeit nach Corona in Erinnerung behalten.